(Bilder: Wilfried Dechau)
Nachmittags aus Paris angereist, verbreitete die Cellistin Camille Thomas bereits bei den Proben beste Spiellaune und trug dazu bei, dass der Saalbau voll war.
Das Mandelring Quartett hatte die Künstlerin bereits 2021 eingeladen, coronabedingt konnte das Konzert jetzt erst nachgeholt werden.
»Wie Popstars gefeiert«
»Wie nun Primarius Sebastian Schmidt und seine Mitstreiter Nanette Schmidt (Violine), Andreas Willwohl (Viola) und Bernhard Schmidt (Cello) mit einem Haydn-Spaß die kleinen Frechheiten und Provokationen aus der Partitur herauskitzeln, grenzt fast schon ein wenig an musikalischen Slapstick. Zuweilen tritt dabei der Primarius in zwinkerndem Augenkontakt mit dem Publikum, um so die musikalischen Koketterien Haydns auch optisch sinnfällig zu machen. Da glaubt man nun, man kenne das ‚Quintenquartett‘ [Joseph Haydn, Streichquartett op. 76 Nr. 2] in- und auswendig und plötzlich belehrt einem das Mandelring Quartett eines Besseren, in dem es das seit Jahrzehnten in seinem Repertoire befindliche Meisterwerk abseits aller Routine immer wieder neu für sich entdeckt. (…)
Dass die Wiedergabe des Streichquartetts von Alexander Glasunow nicht nur zu einer Sternstunde der am ersten Cello sitzenden Camille Thomas geriet, sondern auch für Andreas Willwohl an der Viola, scheint unbedingt erwähnenswert, denn immerhin gibt er mit seiner innig formulierten, an Wagners „Tristan und Isolde“ erinnernde Liebesmelodie die Steilvorlage für einen ganzen Kosmos an genialen musikalischen Einfällen. Und immer wieder lässt Camille Thomas ihr Cello mit einer unglaublichen Klangintensität in höchsten Lagen singen, derweil ihre Mitstreiter eigene wertvolle Impulse setzen und dennoch alles zu einem wunderbaren Ganzen verschmilzt. Camille Thomas‚ Cellospiel vereint überragende Technik mit hohem musikalischen Ausdrucksvermögen und ist ein signifikantes Beispiel für die völlige Einheit von Mensch und Instrument. Unter ihren zierlichen und gleichzeitig energisch zupackenden Händen klingen gleiche Töne niemals gleich – zuweilen erinnert ihr Ringen um die perfekte Klangnuance fast um einen Kampf um Leben und Tod.(…)
[Das Streichquintett C-Dur von Franz Schubert]: »Alle fünf [MusikerInnen] befinden sich gegen Konzertende in ungebrochen mitreißender Spiellaune, entwickeln ein geradezu orchestrales Klangvolumen, servieren zum Abheben aufregende explosive Temposteigerungen im Finale und hinterlassen – wie bereits eingangs erwähnt – ein völlig aus dem Häuschen geratenes Publikum. Unvergesslich bleibt dabei der himmlisch zart artikulierte zweite Satz – eine Musik, geschaffen für die Ewigkeit, dargeboten von einem wunderbar sensibel aufeinander abgestimmten Quintett als Höhepunkt eines von Gänsehautmomenten so reich gesegneten Abends.«Markus Pacher, Die Rheinpfalz, 29.11.2022