Mit Werken französischer Komponisten des 19. Jahrhunderts begeisterten das Mandelring Quartett und der Pianist Ian Fountain in der Hambacher Jakobus-Kirche.
Markus Pacher, Rheinpfalz, 11. Juni 2023:
„Was für ein Kontrast gegenüber der Leichtigkeit des musikalischen Seins angesichts der vorangegangen Konzerte. Gleich mit dem Klavierquartett Nr. 2 g-Moll von Gabriel Fauré begann der hochexplosive Tanz auf dem Pulverfass. Die Geschichte, die Nanette Schmidt, Andreas Willwohl, Bernhardt Schmidt an den Streichinstrumenten und Ian Fountain am Flügel erzählten, entpuppte sich als atemberaubend spannend. Das ist Musik, die niemanden kalt lässt. Im Fortissimo startete der Griff in die Vollen und vom ersten Takt an wuchs das Gefühl, als versammle sich im engen Altarraum ein ganzes Orchester. War es vor allem die kompromisslos leidenschaftliche Intensität, mit dem das Klavierquartett seine Saiten zum Klingen bringt? Oder waren es die hervorragenden akustischen Bedingungen in der Jakobuskirche, die diesen Eindruck vermitteln?“
„Wo anfangen? Da wären die wunderbaren Bratschen-Soli von Andreas Willwohl, der an diesem Abend noch viele weitere Gelegenheiten nutzte, um seinen goldenen Bratschenton in den Vordergrund zu rücken. Und da wäre ein brillant artikulierender, stets die Klangbalance mit den Streichern haltender Ian Fountain, flankiert von Nanette Schmidts elegantem, herrlich biegsamen Geigensound und Bernhard Schmidt, dem souveränen Klangzauberer am Cello. (…) Eine regelrechte Hetzjagd entwickelte sich zwischen den Streichern, die Con sordino, also mit aufgestecktem Dämpfer, eine spuckhaft-gespenstische Klangatmosphäre schafften, die nicht von dieser Welt zu sein schien.“
„Zum Dahinschmelzen schön war die musikalische Liebeserklärung, die Sebastian Schmidt in der Sonate für Violine und Klavier aus der Feder des bereits mit 24 Jahren verstorbenen Belgiers Guillaume Lekeu seiner Geige entlockte. Dabei geriet er, mitgerissen von seinem gleichfalls mit einer unglaublichen Hingabe agierenden Mitstreiter Ian Fountain, in einen regelrechten Rausch. Bei allem Herzblut lief das Duo erstaunlicherweise niemals in Gefahr, ins rein Sentimentale abzugleiten. Das mag unter anderem mit der spieltechnischen Perfektion zusammenhängen, mit denen die beiden Künstler selbst den kritischsten Kritiker sprachlos machen.“
Schicksalsschläge in Musik verwandelt
„Glücklich kann man das Leben von Louis Vierne nicht nennen. Sein Klavierquintett op. 42 ist eine in schmerzenreiche Töne gebannte Trauermusik aus dem Jahr 1918. Zuvor war sein erst 17-jähriger Sohn kurz vor Kriegsende wegen Fahnenflucht standesrechtlich erschossen worden, während Vierne selbst von Typhus befallen wurde, eine Scheidung hinter sich brachte, zeitgleich einen komplizierten Beinbruch mit irreparablen Folgen erlitt und später erblindete. Wie man es angesichts derlei Katastrophen schafft, solche Schicksalsschläge in Musik zu verwandeln und der Nachwelt ein musikalisches Meisterwerk zu hinterlassen, ist unerklärbar. Dem Mandelring Quartett und Ian Fountain gab das aber eine Gelegenheit, das Publikum zu einer musikalischen Achterbahnfahrt ohne Wenn und Aber einzuladen.“