Markus Pacher, Rheinpfalz, 11. Juni 2023
„Was für ein herrlicher Anblick: Ian Fountain, der große Tastenheld des Hambacher Musikfestes, nunmehr zum neunten Mal als Gastinterpret mit von der Partie, umringt von vier international renommierten Bläsern. Die Aufführung von Beethovens Bläserquintett Es-Dur war schon für 2020 anlässlich dessen 250. Geburtstags geplant, der dann wegen Corona nicht gebührend gefeiert werden konnte. Umso erfreulicher, dass Nick Deutsch (Oboe), Thorsten Johanns (Klarinette), Johannes Hinterholzer (Horn), Bence Bogányi (Fagott) und Ian Fountain (Klavier) allesamt auch in diesem Jahr Zeit gefunden hatten, diesen kammermusikalischen Meilenstein in der ursprünglich vorgesehenen Besetzung glanzvoll zur Aufführung zu bringen.
Wie kein anderer beherrscht Fountain es, die Tasten zum Singen zu bringen. Butterweich war sein Anschlag im Andante Cantabile, als er einsam die Melodie anstimmte und damit den ihm folgenden Bläsern eine Steilvorlage für hochemotionales kammermusikalisches Musizieren bot. Überhaupt handelt es sich bei dem besagten Klavierquintett eigentlich um ein Klavierkonzert. Umso erstaunlicher, wie es Fountain schaffte, dem exponierten Part seinen gebührenden Raum zu geben, ohne sich selbst in den Vordergrund zu spielen.
Repräsentativ sollte ein Festkonzert sein und wie gelänge dies besser als mit einem Brückenschlag zum englischen Königshaus. „God save the King“ dürfen wir seit ein paar Monaten sagen und das Mandelring Quartett gratuliert König Charles mit der Wiedergabe von Onslows Streichquartett G-Dur op.9/1, in dessen zweiter Satz der Franzose die berühmte englische Hymne zum Erklingen bringt. Der große Beethoven und der kleine Onslow? Die Interpretation des Mandelring Quartetts straft diesem Klischee Lügen – das wissen wir spätestens seit der Referenzeinspielung, die das Spitzenquartett der staunenden Musikwelt hinterlassen hat und die die Klassikfreunde an diesem Abend gleich einer rundum perfektionierten Hochglanzaufführung live erleben durften.
Elf Interpreten mit 13 Zugaben
Kammermusik im XXL-Format dann nach der Pause: Mit dem Nonett F-Dur von Louis Spohr versammelte sich die größte Formation des Festivals auf der Bühne. Sieben schwarz gekleidete Männer flankiert von zwei faszinierenden Damen, die in diesem und fast allen anderen Konzerten ganz viel Farbe und gute Laune ins Geschehen brachten und ein vergleichsweise üppiges Pensum bewältigten mussten. Die Rede ist von Nanette Schmidt und Wally Hase, zwei großartige Künstlerinnen, die seit Jahren eine enge musikalische und persönliche Freundschaft verbindet. Bei Spohr treten sie als wichtige Impulsgeberinnen in Erscheinung, ermöglichen einen reibungslosen Ablauf des komplexen, klangfarblich äußerst facettenreichen musikalischen Geschehens mit seinen unterschiedlichen Streicher- und Bläsercharakteren. Welch ein Hörgenuss!